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"Ruttershausen – Altes Dorf an der Lahn" 
von Ernst Schneider, Lollar 
 
Die Landschaft an der mittleren Lahn war schon früh besiedelt, früher jedenfalls 
als dies durch Urkunden nachgewiesen werden kann. Ruttershausen mit der Kirche 
in Kirchherg hatte wegen dem Lahnübergang strategische Bedeutung. Hier kreuzten 
sich bereits in grauer Vorzeit zwei wichtige Verkehrswege, die zu den 
vorhandenen Besitztümern und befestigten Plätzen der damaligen Herren  
führten. Die alte Straße von Herborn nach Amöneburg führte als Höhenstraße 
zwischen Altenberg und Lützenberg hindurch nach Ruttershausen und Kirchberg 
hinab, dann über Staufenberg zum Ebsdorfer Grund. Hinter Mainzlar fand die 
Straße Anschluß an die langen Hessen. 
 
In der näheren und weiteren Umgegend von Ruttershausen lagen Besitzungen und 
Siedlungen, zu deren Schutz schon früh Burgen, Turmhäuser und Wehrtürme 
errichtet wurden. Von altersher kam der Lahntalenge bei Ruttershausen eine 
erhöhte Bedeutung zu, insbesondere in verkehrstechnischer Hinsicht für die 
Grafschaft Ruchesloh, die das weite Gebiet von Gladenbach bis Oberweimar, 
Londorf, Treis, Wißmar und Klein-Linden umfasste. Hier kann mit einem 
Siedlungsverband gerechnet werden, der vielleicht schon der Hausmeier Karl 
Martell um 720 zusammen mit den hofmäßigen Furtsicherungen Battingsfeld an der 
Salzbüde bei der Schmelz und Kirchberg (Lahn) schuf. 
 
Das Gericht Kirchberg wird im Jahre 1227 erstmals urkundlich erwähnt; dann wird 
es im Jahre 1237 genannt, als die Grafschaft Ruchesloh durch die Herren von 
Merenberg auf Gleiberg an das Erzstift Mainz verkauft wurde. Kirchherg war 
jedoch eines der sechs Gerichte, die nicht verkauft wurden. Es war im 
Frühmittelalter ein wehrhafter, Gleiberg-Merenberg-Nassauer Gerichts- und 
Großpfarreisitz und diente gleichzeitig als Sicherung der Furt durch die Lahn. 
 
Damals hatte Kirchberg gegenüber anderen Kirchspielen eine besondere Bedeutung 
erlangt. Fast genau 100 Jahre nach ihrer ersten urkundlichen Erwähnung erfuhr 
die Kirche zu Kirchberg eine bedeutsame Auszeichnung. Es wurde ihr ein 
Ablaßbrief ausgestellt, der heute noch vorhanden ist. In diesem Brief wurde der 
Kirche und der von ihr abhängigen Kapelle von Wismar auf 40 Tage Ablaß bewilligt 
für alle, die die Kirche oder die Kapelle an einem Sonn- oder Feiertag 
besuchten,  
der Monstranz oder dem heiligen Öl, das zu den Kranken gebracht wurde, 
nachfolgten oder beim Nachtläuten auf die Knie fielen und drei Ave Maria 
beteten. 
 
Das Dorf Ruttershausen wird urkundlich erstmals am 1. Oktober 1256 genannt, als 
Konrad von Merenberg, der auf Gleiberg saß, verschiedene Güter im Dorf "Ruthartishusen" 
zu seinem Seelenheil dem Deutschordenshaus in Marburg testamentarisch vermachte. 
In einer zweiten Urkunde vorn 5. Januar 1257 bestätigte Werner von Bolanden, der 
eine Tochter des Conrad von Merenberg geheiratet hatte, die Schenkung an das 
Deutschordenshaus in Marburg. Das Testament von Conrad von Merenberg hatte 
folgenden Wortlaut: 
 
"Im Namen des Herrn, Amen. Ich Conrad von Merenberg habe heute mein Testament, 
wie folgt, gemacht: Ich wähle meine Grabstätte bei den Brüdern des Hauses der 
heiligen Maria der Deutschen in Marburg, indem ich diesem heiligen Haus und den 
Brüdern zur Zuflucht und zum Heil meiner Seele alle meine Güter sowohl 
bewegliche wie liegende und alle Fischereien und Hörigen schenke und übertrage, 
von denen ich namentlich nenne: Im Dorf Ruttershausen Hufen, die jährlich 11 
Kölner Schillinge, 2 Scheffel Getreide, 7 Gänse, 7 Hühner geben, in Odenhausen 
Zinsgüter (mit) 29 Kölner Schillingen, 21 Metzen Getreide, 7 Gänse, 7 Hühner und 
einen und einen halben Hof und in der übrigen Hälfte mein Recht, wie es in der 
darüber ausgestellten Urkunde näher enthalten ist, die (alle) unbelastet sind. 
Weiterhin, diese belasteten Güter: 
Ein Hof zu Ruttershausen, der dem Schultheißen Wigand für 5 Pfund leichter 
Münze, 4 Mark und 30 Kölner Denare verpfändet ist; an Kraft von Rodenhausen 8 
Schillinge jährlichen Zins für 6 Pfund und ein Dorf, das Neues Dorf genannt 
wird, für 12 Mark; Heinrich Hessen 4 Schillinge jährlichen Zins und einen Malter 
Getreide für 28 Schillinge; Heinrich von Rollshausen Mark jährlichen Zins für 3 
Mark; Hörige: Dem Kraft von Rodenhausen habe ich Konrad von Sichertshausen für 
ein Pfund und Witrad für eine Mark verpfändet, dem Werner von Lohra den Gerhard 
von Salzhöden für eine Mark, dem Grafen von Ziegenhain alle Leute, die zu den 
Gütern in Odenhausen gehören, für 7 Mark, Außerdem alle meine Güter und alle 
Leute bei der Burg Gleiberg und Wetzlar und Weilburg oder anderswo, wo auch die 
Orte wären oder mit welchem Recht oder in welchem Namen sie Zins zahlen, in 
Urkunden oder in öffentlichen Instrumenten festgelegt oder ohne Aufzeichnung, 
sei es daß sie verpfändet oder unbelastet oder durch Gewalt in Besitz genommen 
sind, mit Zustimmung und Willen und aus der Hand meines Sohnes, des Bruders 
Hartrad, dem ich alle diese gegeben hatte, bevor er das geistliche Gewand anzog. 
Dieser, von kindlicher Anhänglichkeit zu mir bewogen, aber bestimmte, daß mir 
diese Güter bis zu meinem Tod zu den Lebensnotwendigkeiten dienen werden, unter 
der Bedingung, daß diese Güter, sobald ich auf Gotes Befehl meinen letzten Tag 
beschließe, an das genannte heilige Haus und die Brüder ohne jede Einwendung 
fallen möge.  
Meine Töchter habe ich wegen 
meiner Güter so abgefunden, daß sie weiterhin keinen Rechtsanspruch auf sie 
haben dürften, Damit dies weder vergessen noch geändert werden kann, habe ich 
das Testament in Gegenwart dieser Personen gemacht: Zugegen waren Bruder Lambert 
und Bruder Egidius aus dem Orden der Minoriten, Bruder Arnold von Lüder aus dem 
Orden des Deutschen Hauses, Pfarrer Ludwig von Fronhausen, Konrad Pfarrer von 
Odenhausen, Hartmann von Schwalbach, Ritter, Eckehard genannt Kornigel, Kraft 
genannt Schabe, Ditmar genannt Landschabe und viele andere, Zum Andenken und zur 
dauernden Sicherheit dieser Sache ist dieses Instrument mit dem Zeichen meines 
Siegels bekräftigt. Im Namen des Herren, Amen. Geshehen im Jahre der Gnade 1256 
an den Kalenden des Oktobers." 
 
So das Testament des Conrad von Merenberg auf Gleiberg, in dem zum ersten Male 
vom Dorf Ruttershausen berichtet wird. Aber es gibt darüber hinaus auch 
Aufschluss über das Bestehen von weiteren Dörfern in diesem Raum sowie darüber, 
welchen großen Besitz und damit entsprechenden Einfluss die Gleiberger Grafen 
hatten. Der Erbe von Conrad von Merenberg war sein Sohn Hartrad; aber da dieser 
das geistliche Gewand trug – er war Geistlicher geworden und hatte das Gelübde 
der Armut abgelegt – hatte er auf das Erbe verzichtet. Die Töchter hatte Conrad 
von Merenberg abgefunden, so daß sie keinen Anspruch mehr hatten. 
 
Ruttershausen gehörte mit Kirchberg zur Merenberg‘schen Grafschaft. Im Jahre 
1328 starben die Merenberger im Mannesstamme aus. Durch Heirat der 
Merenbergischen Erbin, der Tochter Hartrads von Merenberg, mit Graf Johann von 
Nassau fiel das Gericht Kirchberg mit Ruttershausen und Kirchberg an das Haus 
Nassau. Johan von Nassau ließ im Jahre 1366 zum Schutze seiner  
Liegenschaften, auch um die hessische landgräfliche Verbindungsstraße zwischen 
Gießen und Marburg zu überwachen und den eigenen Botenweg nach Treis zu sichern, 
eine Burg am wehrhaften Friedhof bei Kirchberg bauen. Heinrich II. von Hessen, 
sah diese Burg als Bedrohung an. Er griff sie im Jahre 1372 an und zerstörte 
sie. 
 
Bis zum Jahre 1396 war Ruttershausen mit Kirchberg alleiniger Besitz von Nassau. 
Am 21.7.1396 tauschte Landgraf Hermann von Hessen mit seinem Schwager Philipp 
von Nassau die Hälfte von Großen-Linden gegen die Hälfte des Gerichts Kirchherg. 
Ruttershaussen wurde nunmehr von zwei Herren regiert. Gleichzeitig kamen beide 
Mitherren über das Gericht Kirchberg überein, gemeinsam eine Burg zu bauen, wenn 
sie Staufenberg, das den Grafen von Ziegenhain gehörte, nicht bekommen könnten. 
Aber zur Ausführung des geplanten Baues kam es nicht. sicher weil der immer 
stärker werdende hessische Einfluss im Lahn- und Lumdatal die Burg überflüssig 
machte. 
 
Im Jahre 1585 vollzog sich der völlige Übergang des Gerichts Kirchberg-Lollar an 
Hessen-Darmstadt. Der Vertrag zwischen Hessen und Nassau, nach dem Ruttershausen 
mit Kirchberg auf Hessen überging, hatte für Ruttershausen erhebliche 
Rückwirkungen. Wohl hatte man gesagt, dass der Landgraf von Hessen und der Graf 
von Nassau (beide Mitherren im Gericht) und ihre Nachkommen sich vertragen 
wollten. Aber den Untertanen brachte der Wechsel in der Herrschaft nichts ein, 
im Gegenteil: der Landgraf von Hessen übernahm das Gericht Kirchberg-Lollar mit 
den Dörfern Lollar, Daubringen, Mainzlar und Ruttershausen mit allen Straßen, 
Wildbahnen, Fischereien, Diensten, Bräuchen, Bußen, Gütern, Mühlen und allem 
Landzoll. Allerdings war dem Grafen von Nassau die Jagd im Ruttershäuser Wald 
und Feld bis an die Lahn vorbehalten. Auch blieb ein Teil der Ruttershäuser 
Einwohner dem gräflichen Haus Nassau abgabepflichtig. Von der Ruttershäuser  
Gemarkung gehörten weiterhin 110 Morgen Land zur Grafschaft Nassau. Auf den 
Äckern der Hellen Mark ruhten Abgaben, die zur Hälfte je an Hessen und an Nassau 
gezahlt werden mussten. Da die Gemarkungsgrenze zwischen Ruttershausen und 
Odenhausen auch gleichzeitig Staatsgrenze war, kam es oft zu Streitigkeiten um 
Grenzen und Gerechtsame. Bis zum Jahre 1800 mußten jährlich folgende Abgaben 
geleistet werden: 
 
                
- Nassauisches Pfluggeld 16 Gulden 42 Kreuzer 
                
- Hessisehes Pfluggeld 16 Gulden 42 Kreuzer 
                
- Dienstgeld 78 Gulden 
                
- Leibhühnergeld 23 Gulden 
                
- Rauchhühnergeld 17 Gulden 
                
- Frohngeld 153 Gulden 
 
Im Jahre 1750 verlangte Weilburg die ihm von einem Lehenshof in Ruttershausen 
zustehenden Abgaben. Es kam zu einem sich auf Jahrzehnte hinziehenden Streit. 
Johann Wolf von Weitolshausen, der den Lehenshof innehatte, war Obristleutnant 
und Stadtkommandant der Stadt Gießen. Er erhielt von dem Landgrafen den Auftrag, 
auf das Ersuchen der Weilburger "keine Red und Antwort zu geben". 
 
 
Streit um Grenzen  
Der Mausberg (Ruttershäuser Kopf) lag 
um 1700 im Gebiet Hessen-Nassaus. Die Weilburger Regierung erließ eine neue 
Forstordnung, die auch für den Mausberg Gültigkeit haben sollte. Ruttershausen 
wehrte sich gegen die neue Ordnung, da sie für das hessische Dorf nicht 
zuständig sei. Die nassauischen Behörden betonten, daß Ruttershausen nur die 
Weide und das Fallholz aus  
dem Wald zustehe. Die Rechtslage war unklar. Der Streit dauerte Jahrzehnte. Erst 
um 1752 wurde der Mausberg als alleiniger Besitz von Ruttershausen bezeichnet. 
 
Seit alten Zeiten hatten die Odenhäuser und die Ruttershäuser in der 
Forstparzelle Honschied die gemeinsame Weidegerechtsame. Im Jahre 1766 
verwehrten die nassauischen Forstbediensteten den Ruttershäusern diese 
Gerechtsame. Wieder kam es zu langwierigen Verhandlungen zwischen den hessischen 
und naussauischen Behörden. Im Jahre 1780, also nach 20 Jahren, währenddessen 
die Gerechtesame der Ruttershäuser ruhten, wurden dreiviertel des Honschieds 
wieder Ruttershausen zur Behutung überlassen. Weilburg (Nassau) verlangte die 
Zahlung rückständiger Abgaben und sprach von den unstatthaften Querulieren der 
Ruttershäuser. Letztere zahlten nun 284 Mött Hafer und betonten, dass kein 
Standesherr das Recht habe, alte Gerechtsame  
zu beseitigen. 
 
Ein weiterer Streit um ein Stück Hutwa1d, der mit der Nachbargemeinde Odenhausen 
ausgetragen wurde, dauerte länger. Über dem Wehrholz lag ein Stück Land, das mit 
Gebüsch bewachsen war und sich nur als Viehweide eignete. Jede der beiden 
Gemeinden beanspruchte das Land für sich. Die Aufsichtsbehörden schalteten sich 
ein, da es hier auch um die Staatsgrenzen von Hessen und Nassau ging. Im Jahre 
1692 nahmen die Odenhäuser den Ruttershäuser Hirten mehrere Stück Vieh weg, da 
es auf Odenhäuser Gebiet geweidet hatte. Der Streit ging hin und her, aber zu 
einer Einigung kam es nicht. Im Jahre 1739 hoffte man auf eine zufrieden 
stellende Regelung.  
Aber erst 1748 kam auf Betreiben der 
Behörden ein Vergleich zustande. Das Waldstück wurde geteilt, wobei der Gemeinde 
Odenhausen 8 Morgen und Ruttershausen 12 Morgen zugesprochen wurden. Die neue 
Grenze erhielt nummerierte Grenzsteine; sie fand aber nicht den Beifall der 
beiden Gemeinden. Vier Jahre später, so beklagte Odenhausen, hätten die 
Ruttershäuser die Grenzsteine so weit fort getragen, wie sie die Grenzen hätten 
haben wollen. Sie wurden im Beisein des Schultheißen und der Feldgeschworenen an 
der alten Stelle wieder eingesetzt. Der Streit hatte 50 Jahre gedauert. 
 
An der Grenze zwischen Hessen-Nassau und Hessen-Darmstadt, an der die Interessen 
der Landesherren aufeinander prallten, mussten die Untertanen also oft unter den 
ungeklärten Rechtsverhältnissen leiden. Als nach dem Wiener Kongress im Jahre 
1816 Hessen-Nassau an Preußen überging, wurde die Gemarkungsgrenze zwischen 
Odenhausen und Ruttershausen Preußisch-Hessische Landesgrenze. Der preußische 
Partner war stärker als der ehemalige Nassauische Gegenpol.  
In den nunmehr Königlich Preußischen 
Forstparzellen Honschied, Altenberg und Ordens-wäldchen mit einer Gesamtfläche 
von 180 Morgen hatte Ruttershausen die Weidegerechtsame. Im Mai 1844 sprach die 
Gemeinde Odenhausen im Einverständnis mit den preußischen Behörden der Gemeinde 
Ruttershausen dieses Recht erneut ab und beantragte bei den Gerichten, 
Ruttershausen das Viehhüten zu verbieten. Nach langen Verhandlungen, in denen 
der Gemeindevorstand das alte Recht verteidigte, verzichtete Ruttershausen auf 
die alten Gerechtsame gegen eine Entschädigung von 550 preußischen Talern. 
 
Quelle: Giessener Anzeiger, Heimat im Bild Nr. 29 Jahrgang 1973, Juli 1973
 
  
  
  
  
  
  
  
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